ROBOTIC PIETA
begann mit einer blauen Pietà. Die Blaue Pietà nimmt Bezug zur historischen Form, ohne deren Grundlagen zu zerstören. Ein Motiv, das auch in anderen Bereichen der zeitgenössichen Kunst auftaucht. So wurde der koreanischen Regisseur Kim Ki Duk durch Michelangelos Römischer Pietà inspiriert und bezeichnete das Sujet treffend und eindringlich als „Zeichen vom Teilen des Schmerzes der gesamten Menschheit“.
Der klassische Typus der Pietà zählt zu den bekanntesten ikonographischen Darstellungen und ist ein Schlüsselthema der christlichen Kunst. Das traditionelle Sujet zeigte die Muttergottes als Mater Dolorosa in sitzender Position, den vom Kreuz genommenen Leichnam Jesu auf ihren Knien und in ihrem Arm wiegend. Entkernt man das Sujet, bleiben vom geschichtlichen Ursprung: Leid, Schmerz und Mitleid.
Das ist das Thema des Werkzyklus ROBOTIC PIETA. Menschen unterschiedlicher Herkunft, Orientierung und Rasse in Skulpturen, die das gemeinsame Erleben des Schmerzes der gesamten Menschheit symbolisieren.
Blaue Pietà
Ein blaues Boot. Dieses Boot war mit 40 Flüchtlingen aus Somalia, Eritrea, Sudan, Nigeria und Ägypten an Bord, darunter Kinder, von Sabratha in Libyen aus über das Mittelmeer unterwegs. Am 7. März 2019 ist es auf der Insel Lampedusa gelandet und wurde dort von der italienischen Küstenwache beschlagnahmt. Zuvor erkannte ein italienisches Fischerboot die Seenotlage, nahm das Boot ins Schlepptau und brachte es in den Hafen von Lampedusa. Auf Vermittlung der deutschen Botschaft in Rom wurde das Boot nach Schwäbisch Gmünd gebracht.
Nie zuvor waren so viele Menschen gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen. Über 68,5 Millionen Menschen sind laut UNHCR vor Krieg, Konflikten und Verfolgung auf der Flucht. Die “Blaue Pietà” nimmt Bezug darauf. Zu Krieg, Gewalt, Perspektivlosigkeit, Armut, Diskriminierung und Verfolgung in der Gegenwart. Formal soll die Skulptur eine Verschmelzung von Mensch und Boot zeigen, Hoffnung und Fluchtmittel, die für einen verweifelten Zeitraum zu einer Symbiose wurden. Entkernt man das Sujet, bleiben vom formalen und frömmigkeitsgeschichtlichen Ursprung Leid, Schmerz und Mitleid. Das ist das Thema dieser zeitgenössischen Blauen Pietà.
Wie in jeder Werkgruppe spielt auch hier der Schaffensprozess eine zentrale Rolle. Der Künstler vereint neue Materialien, digitale Elemente und analoge Realität und hinterfragt dabei seine eigene Rolle im kreativen Prozess durch den Einsatz komplexer Algorithmen und die Einbindung von Mensch-Maschine-Interaktionen. Menschen sind keine isolierten Individuen, sondern “Dividuen” – eine Versammlung verschiedener Algorithmen. Die Algorithmen, die einen Menschen ausmachen, sind nicht frei von Einflüssen. Sie werden sowohl von Umweltfaktoren als auch von genetischen Gegebenheiten geprägt. Menschen treffen Entscheidungen auf deterministische oder zufällige Weise, jedoch niemals gänzlich frei. Dies wirft die grundlegende Frage auf, was die Essenz der Kunst und die des Menschen ausmacht.